Derzeit gibt es massive Bestrebungen, die durch die Städte Bottrop, Dinslaken, Voerde und der Gemeinde Hünxe sowie des Kreises Wesel gehaltenen Anteile an der Flugplatzgesellschaft Schwarze Heide mbH in Höhe von 85% an Privatinvestoren zu verkaufen, die jetzt bereits mit 15% in der Gesellschaft vertreten sind. Als Variante wird von der Stadt Bottrop vorgeschlagen, eine öffentliche Sperrminorität von 25,2% in Bottrop zu halten.
„Beide Szenarien gehen deutlich an den Interessen des Kreises Wesel sowie der Gemeinde Hünxe, welche 20 bzw. 5% der Anteile halten, vorbei und sind strikt abzulehnen“, äußert sich Gerd Drüten, Vorsitzender der SPD Kreistagsfraktion Wesel. Zwar wolle man sich einer mehrheitlichen Privatisierung der Flugplatzgesellschaft nicht entgegenstellen, müsse aber als Kreis weiterhin gemeinsam mit Hünxe und Bottrop Anteile an der „Schwarzen Heide“ halten, um den weiteren Kurs der Gesellschaft gemeinsam aktiv zu begleiten. „Dazu ist auch Hünxe als Standortgemeinde der Flugplatzgesellschaft bereit. Der Kreis Wesel darf sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen und Hünxe im Regen stehen lassen“, so Drüten. Die SPD hat einen umfassend begründeten Antrag in den Kreistag eingebracht, der sieben Punkte umfasst:
Antrag:
1. Der Kreistag Wesel beauftragt die Verwaltung, das Szenario einer mehrheitlichen Privatisierung der Flugplatzgesellschaft Schwarze Heide mbH weiterzuverfolgen.
2. Der Kreis Wesel verfolgt dabei die Absicht, mit den weiteren verbleibenden kommunalen Gesellschaftern, der Stadt Bottrop und der Gemeinde Hünxe, eine gemeinsame Sperrminorität von mindestens 25,2 % der Gesellschaftsanteile an der GmbH zu halten.
3. Der Kreis Wesel strebt die Gründung einer gemeinsamen Beteiligungsgesellschaft mit den Gesellschaftern Stadt Bottrop und der Gemeinde Hünxe an. Diese Beteiligungsgesellschaft soll mit einer Sperrminorität von mindestens 25,2% der Gesellschaftsanteile in der Flugplatzgesellschaft Schwarze Heide mbH beteiligt sein und mit den an der Anteilsmehrheit interessierten privaten Partnern die Gesellschaft erfolgreich weiterentwickeln.
4. Die bestehenden Rechte der Flugplatznutzer und Flugplatzanlieger sowie die Interessen der Standortgemeinde Hünxe sind bei der Neustrukturierung der Flugplatzgesellschaft zu wahren.
5. Die Verwaltung des Kreises Wesel wird beauftragt, entsprechende Verhandlungen mit der Gemeinde Hünxe und der Stadt Bottrop sowie ggf. mit den „verkaufswilligen“ Städten Dinslaken und Voerde aufzunehmen.
6. Die Verwaltung wird beauftragt, die Kaufinteressenten zur Vorstellung ihrer Pläne zur Entwicklung der Flugplatzgesellschaft zur nächsten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Beteiligungen und Regionalentwicklung (AWBR), ggf. im Rahmen einer Sondersitzung, einzuladen.
7. Die Verwaltung wird gebeten, ein Gutachten über die Lage sowie über Entwicklungschancen und -risiken der Flugplatzgesellschaft in Auftrag zu geben.
Begründung:
Derzeit werden in den Gesellschafterkommunen der Schwarze Heide Flugplatzgesellschaft mbH der Verkauf von Anteilen an private Investoren, die jetzt bereits mit 15% beteiligt sind, konkrete Schritte, „Vorberatungen“, zur Vorbereitung der dazu notwendigen Rats- und Kreistagsbeschlüsse unternommen.
Entsprechende Beschlüsse hat der Rat der Stadt Bottrop am 15. Februar 2022 gefasst. Nach Bottroper Vorstellungen wird eine mehrheitliche Privatisierung der Flugplatzgesellschaft angestrebt. Derzeit liegen die Mehrheitsanteile bei den fünf Kommunen Stadt Bottrop (34%), Stadt Dinslaken (21%), Stadt Voerde (5%), Gemeinde Hünxe (5%) sowie des Kreises Wesel (20%). Die privaten Gesellschafter Dr. Lesker, Herr Bromkamp sowie Stremmer Sand & Kies halten jeweils 5% der Anteile.
Gemeinsam mit den privaten Investoren verfolgt die Stadt Bottrop folgendes Ziel: „Im Zuge des Verkaufs der Anteile der beteiligten Kommunen Hünxe, Voerde, Dinslaken sowie des Kreises Wesel soll die Stadt Bottrop eine Sperrminorität von 25,2 Prozent behalten. Dies soll geschehen, um weiterhin eine Einflussnahme auf die Flugplatzgesellschaft durch eine starke kommunale Vertretung zu gewährleisten.“ (Presse)
Die weitere angestrebte Entwicklung der Gesellschaft:
· Erhöhung der Investitionsfähigkeit durch Kapitalerhöhung
· Installation eines Verfahrens zum Instrumentenanflug
· Bau eines modernen Empfangs- und Aufenthaltsgebäudes.
Ziel: Die Ertragslage des Flugplatzes weiter zu verbessern und für den Geschäftsreiseverkehr attraktiver zu machen. Im Gegenzug zu dieser einmaligen Investition (Kapitalerhöhung) wären die oder der Halter der verbleibenden kommunalen Anteile, zukünftig nicht mehr verpflichtet, die jährlichen Verluste der Flugplatzgesellschaft anteilmäßig zu decken. Die anstehenden Investitionen könnten sich so „nach wenigen Jahren“ vollständig refinanzieren. Die von kommunaler Seite gewährten Gesellschafterdarlehen sollen an die Kommunen zurückfließen und diese auch aus sämtlichen Bürgschaften entlassen werden. Der bestehende Betriebsrahmenplan, in welchem u.a. alle Restriktionen bezüglich der maximalen Flugbewegungen festgelegt sind sowie auch die Betriebspflicht als Verkehrslandeplatz durch das Land Nordrhein-Westfalen, sollen weiterhin bestehen bleiben.
Das oben skizziere Szenario gibt den Plan der Stadt Bottrop sowie die Vorstellungen der privaten Investoren, den Herren Dr. Lesker und Bromkamp wider.
Der Bottroper Stadtrat unterstellt, dass die kommunalen Gesellschafter Dinslaken, Voerde, Hünxe sowie der Kreis Wesel sich von ihren Anteilen an der GmbH vollständig zugunsten der privaten Investoren trennen und der geplanten Entwicklung nicht im Wege stehen.
Interessen der Gemeinde Hünxe und des Kreises Wesel:
Das „Bottroper Szenario“ deckt nicht vollständig die Interessen der „restlichen“ jetzigen kommunalen Anteilseigner Dinslaken, Voerde, Hünxe und des Kreises Wesel an der Flugplatzgesellschaft ab (aktuell halten diese mit 51% die Mehrheit an den Gesellschafteranteilen). Es zeigt sich ein heterogenes Bild. Die Städte Dinslaken und Voerde wollen ihre Anteile verkaufen, die Gemeinde Hünxe beabsichtigt ihre Anteile zu halten, möglicherweise sogar moderat aufzustocken.
Die weitere Entwicklung der Flughafengesellschaft zukünftig zu 100% durch Privatinvestoren und die Stadt Bottrop bestimmen zu lassen, wird insbesondere von der Gemeinde Hünxe, die ihre elementaren Interessen nicht mehr vertreten sähe, abgelehnt. Der Sitz der Flugplatzgesellschaft ist in Hünxe, die Gebäude der Flugplatzgesellschaft und ca. 40% der Start-Landebahn sowie die Fa. Extra (Entwicklung und Bau von motorgetriebenen Kunstflugzeugen) befinden sich ebenfalls auf Hünxe Gebiet.
Der Kreis Wesel und die Gemeinde Hünxe stehen hier in einer gemeinsamen Verantwortung. Sie müssen – zumindest als Minderheitsgesellschafter – weiterhin ihren Einfluss auf die Flugplatzgesellschaft nehmen. Stichworte: Flugplatzbetrieb, Entwicklung der Flughafengesellschaft, zukünftig wachsende Bedeutung des Verkehrslandeplatzes für die regionale Wirtschaft, wirtschaftliche Entwicklung der Gewerbegebiete, Flugbelastung, Betrieb der Luftflugvereine und deren Zugangsmöglichkeiten/-garantien, umsetzen von Klimaschutz- und Lärmschutzzielen (klimagerechte Entwicklung, CO2-freier Flugverkehr/Wasserstofftechnologie, …).
Positionierung des Kreises Wesel unter Einbeziehung der Hünxe Interessen:
Die Übernahme der Gesellschafteranteile von Dinslaken und Voerde sowie ggf. von Hünxe durch den Kreis Wesel – der dann die Anteilsmehrheit von 51% besäße, ist unrealistisch. (Die privaten Investoren würden sich in dem Fall zurückziehen, der Kreis Wesel wäre – auch zusammen mit Bottrop – kaum in der Lage, die notwendigen politischen, finanziellen und personellen Schritte zur zukünftigen Positionierung der Flugplatzgesellschaft zu realisieren. Der notwendige politische Konsens wäre dazu nicht herstellbar; das haben die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren gezeigt.)
· Es bleibt das Trägermodell (maximal) 74,8% Privatanteil zu (mindestens) 25,2% öffentlicher Anteil an der Gesellschaft. Die öffentlich gehaltene Sperrminorität muss gewahrt werden, um einen Minimaleinfluss zu erhalten sowie im Falle des Scheiterns oder eines Rückzugs der Privaten umgehend Handlungs- und Auffangmöglichkeiten zu realisieren.
· Die geplanten neuen wirtschaftlichen Impulse durch das Engagement der Privaten in der Gesellschaft und deren Investitionspläne sind vor dem Hintergrund der fehlenden Gestaltungskraft und des -willens „der Öffentlichen“ grundsätzlich zu begrüßen.
· Das Halten einer öffentlichen Sperrminorität allein durch die Stadt Bottrop wird aus den weiter o.g. Gründen abgelehnt.
· Die aus Kreis Weseler und Hünxe Sicht notwendige öffentlich gehaltene Sperrminorität bewegt sich in der Bandbreite von mindestens 25,2 % bis zu maximal 49 %
Um den öffentlichen Haltern der Sperrminorität* (s.u.) einen größtmöglichen und geschlossenen Einfluss auf die Gesellschaft zu realisieren, ist es notwendig, die Anteile der drei Gebietskörperschaften in einer Beteiligungsgesellschaft zu bündeln.
Die Beteiligungsgesellschaft hätte einerseits die Aufgabe, Kommunikations- und Entscheidungsplattform der Verwaltungen sowie der politischen Gremien Bottrops, Hünxe und des Kreises Wesel zu sein und andererseits die öffentlichen Interessen gegenüber den Gremien der Flugplatzgesellschaft Schwarze Heide (Gesellschafterversammlung, Aufsichtsrat, …) geschlossen einzubringen.
* Die Sperrminorität wirkt bei den Entscheidungen Veräußerung von Anteilen oder des ganzen Unternehmens, Satzungsänderungen, Erhöhung des Stammkapitals, Beteiligung an oder durch andere Unternehmen sowie Auflösung der Gesellschaft.