Energiepreiskrise: SPD-Fraktion will sich nicht vor Verantwortung „weg ducken“

Sozialdemokraten beantragen deutliche Senkung der Kita-Gebühren in den Kreisjugendamtsgemeinden

 

Kreis Wesel. „Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Koalition unter Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz die Bürgerinnen und Bürger entlastet, denn in schweren Zeiten muss der Sozialstaat Sicherheit geben“ kommentiert Ralf Eloo, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der SPD-Kreistagsfraktion und Vorsitzender des fraktionsinternen Arbeitskreises für Soziales und Arbeit, das dritte Hilfspaket der Ampelkoalition. Er fordert, die geplanten Maßnahmen zügig umzusetzen, denn „der schnelle Schutz breiter Bevölkerungsschichten vor dem sozialen Abstieg“ wiege schwerer als die Vermeidung von Haushaltsdefiziten. Gleiches gelte, so Eloo weiter, auch für das Land NRW und den Kreis Wesel. „Angesichts der zum Teil dramatischen Lage von Familien mit geringem und mittlerem Einkommen, insbesondere auch von alleinerziehenden Müttern und Vätern, stehen Land und Kreis in der Pflicht, für schnelle und zielgenaue Entlastung zu sorgen.“

 

Landesregierung gibt Rahmenbedingungen für Kita-Beiträge vor
Die Verantwortung für den kostenlosen Kitabesuch liegt in erster Linie bei der Landesregierung. Sie gibt die Rahmenbedingungen für die Erhebung von Elternbeiträgen in den Städten und Gemeinden Kommunen vor. „Aber außer der vollmundigen Ankündigung im Koalitionsvertrag, endlich auch das dritte Kita-Jahr vor der Einschulung gebührenfrei zu stellen, ist bislang seitens der schwarz-grünen Landesregierung nichts geschehen.“ Seine Fraktion sehe sich daher in der Pflicht, die Kolleginnen und Kollegen der CDU- und der Grünen-Fraktion im Weseler Kreistag aufzufordern, entsprechend auf ihre Landtagskolleginnen und -kollegen einzuwirken.

 

Antrag soll Familien schneller entlasten
In der Zwischenzeit wollen sich die Sozialdemokraten, nach eigenem Bekunden, jedoch nicht vor ihrer „Verantwortung als Lokalpolitiker weg ducken“ und sich „nur hinter Land und Bund verstecken.“ Dies widerspreche ihrem Auftrag, sich vor Ort aktiv um das Wohl der Bürgerinnen und Bürger zu kümmern. Deshalb habe man aktuell einen Antrag auf mehr Entlastung für Familien mit geringem und mittlerem Einkommen bei den Kita-Gebühren an den Ausschuss für Kinder- und Jugendhilfe gestellt. Der Antrag soll, nach eigener Aussage, lediglich „der ohnehin im Koalitionsvertrag geplanten finanziellen Entlastung für Familien durch die schwarz-grüne Landesregierung vorgreifen“. Daher hoffen die Sozialdemokraten rund um Fraktionschef Gerd Drüten, „vor allem bei unseren Kreistagskolleginnen und Kollegen von CDU und Grünen“ auf breite Zustimmung.

 

 

 

 

Antrag der SPD-Kreistagsfraktion

 

Mehr Entlastung für Familien bei den Kita-Gebühren
Antrag der SPD-Kreistagsfraktion für den Ausschuss Kinder- und Jugendhilfe am 20.09.2022, Kreisausschuss am 22.09.2022 und Kreistag am 29.09.2022

 

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren,

die aktuellen Tabellen für die Bestimmung Beitragssätze für Kita-Besuch und Tagespflege sind in den jeweiligen Satzungen nach gemeinsamen Bruttoeinkommen der Eltern in Beitragsstufen von 0 bis 8 gestaffelt. Aktuell ist lediglich die erste Stufe 0 (bis 20.000 €) beitragsfrei.

Die SPD-Kreistagsfraktion beantragt, im Kreistag folgenden Beschluss herbeizuführen:

 

„Der Kreistag beschließt, die in den Satzungen für die Berechnung der Elternbeiträge für Kita-Besuch und Tagespflege im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Wesel zu Grunde gelegten Gebühren für die einzelnen Beitragsstufen wie folgt neu festzulegen:

1.        Die Beitragsfreiheit wird auf die Beitragsstufen 1 und 2 ausgeweitet.

2.        Die Beitragssätze der nachfolgenden Stufen werden um jeweils eine Stufe gesenkt.

3.        Der Übersichtlichkeit halber werden die Beitragsgruppen 0-2 in einer Beitragsgruppe zusammengefasst.“

 

Die Beitragstabellen „Elternbeiträge für den Besuch einer Tageseinrichtung für Kinder“ und „Elternbeiträge zur Kindertagespflege“ sind in diesem Zusammenhang folgendermaßen anzupassen:

 

Elternbeiträge für den Besuch einer Tageseinrichtung für Kinder:

Beitrags- stufe Jahres- einkommen Kinder unter 3 Jahren; mtl. Beitrag Kinder ab Vollendung des 3. Lebensjahres; mtl. Beitrag
25 Stunden 35 Stunden 45 Stunden 25 Stunden 35 Stunden 45 Stunden
1 bis 37.000 €
0 €
0 €
0 €
0 €
0 €
0 €
2 bis 49.000 €
64 €
87 €
111 €
35 €
47 €
75 €
3 bis 61.000 €
105 €
142 €
182 €
57 €
77 €
123 €
4 bis 73.000 €
166 €
226 €
289 €
90 €
122 €
195 €
5 bis 85.000 €
219 €
298 €
381 €
119 €
161 €
258 €
6 über 85.000 €
272 €
370 €
474 €
148 €
200 €
320 €

 

Elternbeiträge zur Kindertagespflege:

Beitrags- stufe Einkommen Durchschnittliche Betreuungszeit pro Woche / mtl. Beitrag für Kinder bis Vollendung des 3. Lebensjahres

Zusätzliche Pauschale für

mehr als 45 Std.

bis 15 Std
16 bis 25 Std.
26 bis 35 Std.
36 bis 45 Std.
1 bis 37.000 €
0 €
0 €
0 €
0 €
0 €
2 bis 49.000 €
37 €
64 €
87 €
111 €
18 €
3 bis 61.000 €
61 €
105 €
152 €
182 €
30 €
4 bis 73.000 €
96 €
166 €
226 €
289 €
48 €
5 bis 85.000 €
127 €
219 €
298 €
381 €
63 €
6 über 85.000 €
158 €
272 €
370 €
474 €
78 €

 

Beitrags- stufe Einkommen Durchschnittliche Betreuungszeit pro Woche / mtl. Beitrag für Kinder ab Vollendung des 3. Lebensjahres
Zusätzliche Pauschale für mehr als 45 Std.
bis 15 Std
16 bis 25 Std.
26 bis 35 Std.
36 bis 45 Std.
1 bis 37.000 €
0 €
0 €
0 €
0 €
0 €
2 bis 49.000 €
20 €
35 €
47 €
75 €
18 €
3 bis 61.000 €
33 €
57 €
77 €
123 €
30 €
4 bis 73.000 €
52 €
90 €
122 €
195 €
48 €
5 bis 85.000 €
69 €
119 €
161 €
258 €
63 €
6 über 85.000 €
86 €
148 €
200 €
320 €
78 €

 

Begründung:

Gerade Familien sind durch die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten belastet. Mit einer Anhebung der Beitragsfreigrenze können Familien mit einem Brutto-Jahreseinkommen unter 37.000 Euro kurzfristig finanziell entlastet werden. Durch die Senkung der Beiträge für die Beitragsstufen 3-7 werden auch Eltern mit mittleren und höheren Einkommen entlastet.

Laut Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung hat die Inflationsrate im Mai 2022 mit 7,9 % einen erneuten Höhepunkt erreicht. In seinem Bericht „Belastungsschere geht im Mai 2022 weiter auf“ weist das Institut eindringlich darauf hin, dass das Inflationsgeschehen auch weiterhin von Preissprüngen bei Energie und Nahrungsmitteln dominiert werde:

„Üblicherweise würden diese Ausgabenkomponenten insgesamt 0,4 Prozentpunkte zur Inflation beitragen – im Mai waren es 5,1 Prozentpunkte.
Wie in den Vormonaten belasten die Preisschübe bei Energie und Nahrungsmitteln die Haushalte mit geringeren Einkommen besonders stark.
Die Spanne zwischen den aktuellen haushaltsspezifischen Inflationsraten beträgt 2,4 Prozentpunkte und ist damit höher als in den Vormonaten. Sie reicht von 6,5 % für einkommensstarke Alleinlebende bis 8,9 % für einkommensschwache vierköpfige Familien.“

Noch ausgeprägter sei der Unterschied bei der kombinierten Belastung durch die Preise von Nahrungsmitteln, Haushaltsenergie und Kraftstoffen. Diese Güterarten leisteten bei einkommensschwachen Familien einen Inflationsbeitrag in Höhe von 6,6 Prozentpunkten, verglichen mit 3,5 Prozentpunkten im Falle von einkommensstarken Alleinlebenden.

Die hier von uns beantragte Beitragsfreistellung bis zu einem gemeinsamen Bruttoeinkommen von 37.000 € ist nicht nur ein wichtiger Schritt zur schnellen finanziellen Entlastung für Alleinerziehende und Haushalte mit geringerem Einkommen. Sie bewirkt auch, dass Eltern mit geringerem Einkommen nicht mehr rechnen müssen, ob sie ihr Kind in die Kita bringen oder nicht und leistet so zusätzlich einen wichtigen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit.

Wir fordern bereits seit langem, dass der Kitabesuch, analog zum Schulbesuch, grundsätzlich für alle Kinder gebührenfrei sein muss, denn die frühkindliche Bildung ist für uns schon immer das erste Glied in der Bildungskette gewesen. Mittlerweile ist es fachlich und politisch unumstritten, dass der Kitabesuch nicht nur zu besseren sprachlichen und numerischen Leistungen führt, sondern, neben einer positiveren Einstellung zum Lernen, auch prosoziales Verhalten und eine verbesserte Selbstregulation fördert. Auch die neue Landesregierung hat dies erkannt und in ihrem „Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfahlen“ fest verabredet „auch das dritte Kita-Jahr vor der Einschulung in ganz Nordrhein-Westfalen beitragsfrei“ zu machen.

Aus gegebenem Anlass greifen wir mit unserem heutigen Antrag der ohnehin geplanten finanziellen Entlastung für Familien durch die schwarz-grüne Landesregierung somit lediglich vor und hoffen, dass er bei unseren Kreistagskolleginnen und Kollegen breite Zustimmung findet.

Mit freundlichen Grüßen

Gerd Drüten
Vorsitzender